Das PAckMIttel-Rücknahme Agrar (PAMIRA®)-SYSTEM ist ein Rücknahmesystem, das die deutsche Pflanzenschutzindustrie in Zusammenarbeit mit dem Handel seit 1996 bundesweit erfolgreich praktiziert. Ziel ist es, die verantwortungsvolle und kontrollierte Rücknahme und Verwertung von restentleerten Pflanzenschutzmittel- und Flüssigdüngemittelverpackungen zu gewährleisten. Nutzer von Pflanzenschutzmitteln, die das PAMIRA-Zeichen tragen, können die Kanister, Fässer und andere Verpackungen kostenlos abgeben – und das an rund 400 Sammelstellen in ganz Deutschland. In einer neuen Ausgabe unserer Interviewreihe #RIGKnachgefragt erläutert System Manager Thorsten Heil die Hintergründe des Systems und wie es funktioniert.
Was ist das PAMIRA-SYSTEM und was ist das PAMIRA-BEIZE-System, bzw. wo liegen die Unterschiede zwischen beiden?
Das PAMIRA-SYSTEM (PAckMIttel-Rücknahme Agrar) ist das Rücknahmesystem in Deutschland für Pflanzenschutzmittel- und Flüssigdüngemittelverpackungen. Wir nehmen die restentleerten und gespülten Verpackungen an ca. 400 Sammelstellen deutschlandweit zurück. Bei PAMIRA-BEIZE werden leere Flüssigbeizebehälter zurückgenommen, die im Gegensatz zu den Verpackungen des PAMIRA-SYSTEMs nicht restentleert und gespült sind und von daher als gefährliche Abfälle gehandhabt werden. Es handelt sich somit um ein Angebot an die Profibeizebetriebe. Das PAMIRA-SYSTEM gibt es nun schon seit einem Vierteljahrhundert, das heißt wir haben dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum. Das System hat sich über die vielen Jahre sehr gut etabliert, sodass wir in der Verpackungsrücknahme eine hohe Qualität ausweisen können, was die Reinhaltung und Sortenreinheit der Verpackungen angeht.
Eingliederung in die Systeme von RIGK?
Wir haben bei RIGK ja die klassischen zwei Bereiche, was die Systeme angeht. Auf der einen Seite stehen die Industriesysteme mit dem RIGK-, RIGK-G- und dem RIGK-PICKUP-SYSTEM und auf der anderen Seite der Agrarbereich mit dem PAMIRA-SYSTEM, und PAMIRA-BEIZE, zu dem dann später noch das ERDE-SYSTEM und PRE-SERVICE hinzukam.
Wer kann die Systeme nutzen? Wer sind die Endkunden?
Das Angebot des PAMIRA-SYSTEMSs richtet sich an professionelle Anwender von Pflanzenschutzmitteln, Flüssigdüngemitteln und sonstigen Agrarchemikalien. Das sind klassischerweise Landwirte, Gartenbaubetriebe, Baumschulen oder teilweise auch Golfplatzbetreiber. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln betrifft ein breites Spektrum. Es handelt sich nicht nur um den klassischen Landwirt, der die Mittel einsetzt, sondern der Anwendungsbereich ist sehr breit gefächert.
Wie kommt es zustande, dass die Rücknahme der Verpackungen für den Endverbraucher kostenfrei ist?
Beim PAMIRA-SYSTEM ist es so, dass die Inverkehrbringer der Agrarchemikalien mit uns einen Lizenzvertrag abgeschlossen haben. Wir bezeichnen sie dann als Zeichennutzer oder Lizenznehmer des PAMIRA-Zeichens. Wenn dieser Vertrag vorhanden ist, wird auf die Verpackungen das PAMIRA-Logo aufgedruckt. So können wir bei den Sammlungen kontrollieren, dass der Zeichennutzer bei uns unter Vertrag steht. Aktuell haben wir 2021 den 100. Zeichennutzer gewonnen.
Eine Analogie zu unserem System wäre der Grüne Punkt, aus dem klassischen Haushaltsbereich. Als Beispiel bezahlt der Joghurt-Hersteller für die Nutzung des grünen Punkts, der die Rücknahme regelt. Bei PAMIRA bezahlen die agrochemischen Unternehmen für die Nutzung des PAMIRA Logos und die damit sichergestellte Wiederverwertung. PAMIRA, ist das System im Bereich der Pflanzenschutzmittel- und Flüssigdüngemittelverpackungen, das den Großteil des Marktes abdeckt.
Unter welchen Voraussetzungen können die Endkunden ihre Verpackungen mit dem PAMIRA-SYSTEM abgeben?
Es gibt im Rahmen der Annahme über PAMIRA spezifische Bedingungen, die gewissermaßen als die AGBs des Systems gelten. Darin wird geregelt, welche Voraussetzungen die Verpackungen erfüllen müssen, damit wir diese zurücknehmen. Zum Beispiel müssen die Verpackungen durch den Endkunden vorgereinigt werden. In der Regel werden die Kanister in den eigenen Spüleinrichtungen der Landwirte schon entsprechend gespült und restentleert, damit sie den Annahmebedingungen genügen. Generell akzeptieren wir eine Mengengrenze von weniger als 0,01 Prozent des Restinhaltes. Die Schraubkappe muss getrennt vom Kanister angeliefert werden und alles, was nicht zur Kanisterfraktion gehört, wird auch getrennt gehandhabt, da wir diese Materialen an den Sammelstellen in die entsprechenden Recyclingströme aufteilen.
Bei den Verschlusskappen handelt es sich um einen anderen Kunststoff und es befinden sich verschiedene Dichtungen in den Schraubkappen, die beim Recyclingprozess nicht abgetrennt werden können und diesen somit negativ beeinträchtigen.
Fast 95 Prozent der gesammelten Verpackungen sind Kanister. Der Rest entfällt auf Faltschachteln mit einem Aluminiuminlet, wenn beispielsweise granulare Pflanzenschutzmittel enthalten sind, die der Nutzer anrühren muss. Aber auch Beutel oder Säcke sind Teil der restlichen 5 Prozent.
Auf der RIGK-Website wird von den ECPA-Guidelines gesprochen. Was muss man darunter verstehen und welchen Einfluss haben diese auf die Rücknahme/Verwertung?
Die ECPA-Guidelines sind Richtlinien, die die Interessenvertretung der europäischen Pflanzenschutzindustrie definiert hat. Diese geben gewisse Regeln vor, wie die Verpackungen zurückzunehmen sind und was aus dem Kunststoff hergestellt werden darf. Das liegt daran, dass natürlich auch Verpackungen zurückgegeben werden, die ein gewisses Gefährdungspotenzial bergen, aufgrund der hochkonzentrierten Mittel, die vorher in den Kanistern enthalten waren. Die chemische Industrie begleitet über diese ECPA-Guidelines die Pflanzenschutzmittel von der Markteinführung bis hin zur finalen Endanwendung des Verpackungskunststoffes. So wird sichergestellt, dass das aus den Kanistern hergestellte Regranulat beispielsweise nicht für Konsum- oder Wohngüter wiederverwendet wird. Diese Guidelines gelten nicht nur für das PAMIRA-SYSTEM, sondern für alle Rücknahmesysteme von Pflanzenschutzmittelverpackungen in Europa.
Wie hoch ist die Rücklaufquote des PAMIRA-SYSTEMs im Vergleich zur Menge, die in den Verkehr gebracht wird?
Für 2020 haben wir die Zahlen leider noch nicht vorliegen, aber im Jahr 2019 lag die Gesamtrücklaufquote bei ziemlich genau 80 Prozent.
Wie funktioniert der Rücknahmeprozess von der Abgabe an der Sammelstelle bis zur Verwertung?
Wir haben deutschlandweit 400 Sammelstellen, bei denen geschultes Kontrollpersonal eingesetzt wird. Die Sammelstellen und Sammeltermine werden über das Internet, die PAMIRA-Website und PAMIRA-App und viele andere Kommunikationskanäle angekündigt und veröffentlicht. Die Stellen sind hierbei temporär geöffnet, das heißt an bestimmten Sammelterminen für ein bis vier Tage. Der Landwirt wird, wie gesagt, frühzeitig über die Termine informiert und liefert seine Verpackungen, die er bis dahin gesammelt hat, bei den Sammelstellen an. Dort stehen dann neben dem Kontrollpersonal entsprechende Containerkapazitäten zur Verfügung, um die Verpackungen aufzunehmen. Kleine Fraktionen, die den Recyclingkreislauf stören würden, werden separiert. Der Landwirt erhält nach der Abgabe eine entsprechende Bescheinigung. Damit ist für ihn im Prinzip schon alles erledigt. Die Container werden je nach Mengenaufkommen immer getauscht. Die Spanne reicht je nach Sammelstelle und Sammlung von nur zwei bis zu mehr als 50 Containern. Von der Sammelstelle werden die Verpackungen zu einer zentralen Pressstation transportiert, in der die Kanister zu transportfähigen Ballen verpresst werden. Die separierten Fraktionen (z.B. Deckel) werden von dort aus der thermischen Verwertung zugeführt. Sobald eine wirtschaftlich sinnvolle Menge von mindestens 10 bis 15 Tonnen gepresstes Material erreicht wird, erfolgt der Ferntransport der Ballen zu zentralen Verwertungsanlagen in Deutschland.
Wie hoch ist der Prozentsatz, der dabei in die werkstoffliche Verwertung geht?
Insgesamt erreichen wir beim PAMIRA-SYSTEM eine werkstoffliche Verarbeitung von ca. 90 Prozent.
Das ist ja schon eine sehr lobenswerte Zahl. Sie hatten angesprochen, dass die Rücknahme der Verpackungen für die Endkunden kostenlos ist. Es entstehen dem Landwirt also keine Mehrkosten für die Abgabe?
Die Abgabe der Verpackungen an der Sammelstelle ist für ihn kostenlos, ja. Er hat sogar eine Kostenersparnis, da er sein Restmüllvolumen nicht belastet, sondern über das PAMIRA-SYSTEM eine kostenlose Rückgabemöglichkeit hat. Zusätzlich ist die Rückgabe mit dem PAMIRA-SYSTEM vollkommen rechtssicher, denn als Gewerbetreibender muss er seine Materialströme nach der Gewerbeabfallverordnung klar definieren und die Entsorgung nachweisen.
Wie läuft genau der Wiederverarbeitungsprozess ab und was sind die häufigsten Endprodukte?
Wenn die transportfähigen Ballen in der Recyclinganlage ankommen, durchlaufen diese zunächst einen Vorschredder, der die Kanister zu handtellergroßen Stücken zerkleinert. Diese werden dann in Nassmühlen zu kleinen Kunststoffstücken zermahlen, die dann eine Größe von ca. 10 Millimeter haben. Von da aus geht die Reise weiter in ein Schwimm-Sink-Becken, in dem noch verschiedene Fraktionen wie die Papieretiketten abgelöst und über das Sinkverfahren dann ausgeschleust werden. Die HDPE-Schnipsel schwimmen oben, werden weiter transportiert und getrocknet. Das Mahlgut wird, nachdem es in Big Bags verpackt wurde, über eine spätere Regranulierung aufgeschmolzen und weiterverarbeitet. Diese Regranulate finden ihren Einsatz hauptsächlich in der deutschen Kabelschutzrohrindustrie. Aber auch Anwendungen wie beispielsweise Zaunpoller oder Gegenstände im maritimen Bereich sind möglich.
Wie ist das PAMIRA-SYSTEM entstanden?
Das PAMIRA-SYSTEM ist aus einer Initiative der Pflanzenschutzmittelindustrie entstanden. Ziel war es, bei den großen Mengen an Pflanzenschutzmitteln, die auf dem Markt gebracht werden, auch für die fachgerechte Entsorgung der Verpackungen zu sorgen. Die Industrie wollte proaktiv, noch vor der Verpackungsverordnung, die Möglichkeit schaffen, die Verpackungen umweltgerecht wieder zurückzugeben. So sind vor ca. 25 Jahren die ersten Versuche entstanden, mit denen die Hersteller der Pflanzenschutzmittel über den Industrieverband Agrar leere Verpackungen zurückgenommen haben. Im späteren Verlauf wurde das System auf RIGK als Systembetreiber übertragen. Blickt man auf die Rücknahmequote und das lange Bestehen des Systems, kann man ohne Übertreibung sagen, dass das PAMIRA-SYSTEM aktiver Umweltschutz ist. Das spiegelt sich auch gut in der jährlichen CO2-Bilanz wider. 2019 wurden rund 3.000 Tonnen CO2 durch das PAMIRA-SYSTEM eingespart, das entspricht in etwa 20 Mio. gefahrenen PKW-Kilometern.
Wie sind Sie zu RIGK bzw. dem PAMIRA-SYSTEM gekommen? Was ist Ihr persönlicher Hintergrund?
Nach meiner kaufmännischen Ausbildung bei der Höchst AG und darauffolgender Berufstätigkeit habe ich mit Mitte 20 beschlossen zu studieren. Neben dem Studium war ich bereits als studentische Arbeitskraft bei RIGK tätig. Schon zu dieser Zeit hat sich innerhalb von RIGK sehr viel um das PAMIRA-SYSTEM gedreht und so hat es sich dann ergeben, dass ich, nachdem ich meine Diplomarbeit im Bereich Abfallwirtschaft geschrieben hatte, bei RIGK als Systemverantwortlicher für das PAMIRA-SYSTEM eingestiegen bin. Mittlerweile bin ich bereits seit 20 Jahren Teil des RIGK-Teams.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Arbeit mit dem PAMIRA-SYSTEM und was macht am meisten Spaß?
Am meisten Spaß bei der Arbeit im PAMIRA-SYSTEM macht, dass man die Schnittstelle zwischen der Entsorgungswirtschaft, der Landwirtschaft, der chemischen Industrie und auch Behörden ist und gemeinsam mit diesen das System ausrichtet. Es gilt ja verschiedene Interessengruppen bei der Rücknahme unter einen Hut zu bekommen. Dies stellt dann gleichzeitig auch die größte Herausforderung dar – die Balance zwischen den einzelnen Parteien zu finden. Die Logistik hinter dem gesamten System ist natürlich auch ein wichtiger, zeitaufwendiger und diffiziler Punkt. Es ist recht ambitioniert, 3.500 Sammelcontainer im Jahr zu bewegen, bzw. diese erst einmal im Markt bei knappen Kapazitäten anzufragen und deren Verfügbarkeit für das System sicherzustellen. Der personelle Aufwand ist recht hoch und die Gesetzgebung stellt uns vor neue Herausforderungen und macht Anpassungen nötig. Ob es das Verpackungsgesetz oder eine geänderte Gewerbeabfallverordnung betrifft, es gibt eigentlich nie Stillstand. Aber das sind natürlich genau die Punkte, die die Arbeit so interessant machen.
Dann rufen Sie uns einfach an oder senden Sie uns eine E-Mail! Ihr Ansprechpartner hilft Ihnen gerne persönlich weiter mit zusätzlichen Informationen und berät Sie zu all Ihren Rücknahme- und Recyclingthemen.