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09. Dezember 2025

EPR in der Landwirtschaft: ERDE als freiwilliges Best-Practice-Modell

Mit der neuen EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) wird die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) entlang des gesamten Verpackungslebenszyklus deutlich gestärkt. Doch wie lassen sich diese Prinzipien auf Agrarkunststoffe anwenden, die überwiegend nicht unter die gesetzliche Verpackungsverantwortung fallen? In Deutschland zeigt die Initiative ERDE, wie ein freiwilliges, teilweise industriefinanziertes Rücknahmesystem funktionierende Kreislauflösungen im großen Maßstab ermöglicht.

Freiwillige EPR in der Praxis – mit messbarem Erfolg

ERDE  ist unter dem Dach des Industrieverbands Kunststoffverpackungen (IK) organisiert und wird von der RIGK als Systembetreiberin gesteuert. Das System basiert auf geteilter Verantwortung: Hersteller finanzieren die Rücknahme und Verwertung, der Agrarhandel organisiert Sammelstellen und Logistik, landwirtschaftliche Betriebe liefern ihre gereinigten und sortierten Kunststoffe an, und zertifizierte Recyclingpartner bereiten die Materialien zu hochwertigen Rezyklaten auf.

Dieses Modell entspricht dem Grundgedanken der EPR – auch ohne gesetzliche Verpflichtung für nicht verpackungsgebundene Agrarkunststoffe – indem Finanzierung, operative Umsetzung und Qualitätssicherung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammengeführt werden.

Die aktuellen Zahlen belegen den Erfolg des Systems eindrucksvoll: Im Jahr 2024 wurden 39.940 Tonnen Agrarkunststoffe gesammelt und mechanisch recycelt. Dadurch konnten 37.258 Tonnen CO₂-Äquivalente eingespart werden.

Neben den reinen Sammelmengen spielt die standardisierte, fraktionsspezifische Erfassung – etwa von Silagefolien, Stretchfolien, Pressengarnen oder weiteren Agrarkunststoffen – eine zentrale Rolle. Sie steigert die Qualität der Rezyklate und deren Akzeptanz im Markt und ist damit eine wesentliche Voraussetzung für echte Kreislaufwirtschaft. 

©RIGK

Klare Ziele, transparente Strukturen und praxisnahe Erkenntnisse

Im Januar 2024 hat ERDE seine freiwillige Selbstverpflichtung gegenüber dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) erneuert. Zu den Zielsetzungen zählen unter anderem:

  • die Sammlung und das Recycling von mindestens 60 % der in Deutschland in Verkehr gebrachten Spargelfolien bis 2026

  • die Sammlung und das Recycling von mindestens 75 % der Silage- und Stretchfolien bis 2027

Weitere Kunststofffraktionen, darunter Tropfschläuche und Gewächshausfolien, wurden zunächst in Pilotprojekten getestet und inzwischen erfolgreich in das ERDE System integriert.

Aus der langjährigen operativen Erfahrung lassen sich drei zentrale Erfolgsfaktoren ableiten, die auch europaweit übertragbar sind:

  1. Finanzierung am Anfang der Kette: Herstellerbeiträge decken die Kosten für Rücknahme und Verwertung vollständig ab und halten die Teilnahme für landwirtschaftliche Betriebe niedrigschwellig.

  2. Nähe und richtige Zeitfenster: Dichte Netze an Sammelterminen beim Agrarhandel oder bei Lohnunternehmen reduzieren Transportaufwand und Verschmutzungen.

  3. Klare Qualitätsvorgaben: Einfache Vorbereitungsregeln (ausschütteln, bündeln, sortenrein) erhöhen die Recyclingausbeute und sichern stabile Absatzmärkte für Rezyklate.

©RIGK

Einordnung in den europäischen Kontext

In Deutschland und der Schweiz zeigt ERDE bereits heute, dass freiwillige, branchengetragene Rücknahmesysteme für Agrarkunststoffe erfolgreich funktionieren können. Gleichzeitig bestehen europaweit unterschiedliche Rahmenbedingungen. Während Länder wie Irland auf verpflichtende nationale Systeme setzen, dominieren andernorts freiwillige Initiativen oder regionale Einzellösungen. Diese sind häufig wenig transparent, datenbasiert schwer vergleichbar und nicht flächendeckend etabliert.

Um diese Unterschiede zu überwinden, braucht es europaweit wirksame, nationale und industrienahe Sammel- und Recyclingsysteme, die an die jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasst sind und gemeinsam mit allen relevanten Akteuren entwickelt werden. So lassen sich Stoffkreisläufe schließen, Wettbewerbsverzerrungen vermeiden und Trittbrettfahrerverhalten verhindern.

Fachlicher Austausch und internationale Perspektive

Der vorliegende Beitrag entstand in Kooperation mit CIPA Plasticulture, dem internationalen Fachverband für Kunststoffe in der Landwirtschaft, der sich weltweit mit allen Aspekten des Kunststoffeinsatzes im Agrarsektor befasst. Veröffentlicht wurde der Artikel im Plasticulture Magazine (September-Ausgabe), einer international etablierten Fachpublikation mit globaler Reichweite zu Innovationen und Best Practices rund um Agrarkunststoffe.

Ausblick

ERDE wird das System weiterhin konsequent ausbauen: durch die Integration zusätzlicher Kunststofffraktionen, die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Agrarhandel und Lohnunternehmen zur Schließung regionaler Lücken sowie durch die Veröffentlichung jährlicher Leistungsdaten für maximale Transparenz.

Auch der persönliche Austausch mit der Branche bleibt dabei ein zentraler Erfolgsfaktor. Veranstaltungen wie die kürzlich stattgefundene Agritechnica in Hannover, haben gezeigt, wie wichtig der direkte Dialog mit Herstellern, landwirtschaftlichen Betrieben und weiteren Stakeholdern ist. Der dortige Austausch zu Best Practices unterstreicht, dass freiwillige Systeme eine wirkungsvolle Ergänzung zu regulatorischen Rahmenbedingungen darstellen können – und dass Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft bereits heute gelebt wird.

 

Kontakt:

Initiative ERDE
Systemmanager Boris Emmel
emmel@rigk.de
+49 611 308600‑20

IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.
Dr. Laura Müller, Referentin für Wirtschaft
l.mueller@kunststoffverpackungen.de
+49 6172 9266-30