Im zweiten Teil unseres Interviews erläutert EPRO-Manager Mike Jefferson die Rolle von EPRO, der European Association of Plastics Recycling & Recovery Organisations, bei der Datenerhebung und Informationsweitergabe über wichtige Publikationen der Branche am Beispiel des gerade erschienen Circular Gap Report von Plastics Europe. #RIGKnachgefragt.
Um auf die EPRO-Berichtsaktivitäten zurückzukommen, nehmen wir zum Beispiel einmal den Circular Gap Report von Plastics Europe. Können Sie uns angesichts der Tatsache, dass EPRO für die Erhebung aller Daten in dem Bericht sehr wichtig war, etwas darüber erzählen, wie die Datenerhebung ablief? Denn in dem Bericht wird auf alle EU-Mitglieder, plus drei weitere, verwiesen, wie Sie erwähnt haben. Wie haben Sie all die Daten gesammelt, die in den Bericht aufgenommen werden sollen?
Als erstes möchte ich anmerken, dass der Bericht alle Arten von Kunststoffabfällen sowie Verpackungs- und landwirtschaftliche Kunststoffe umfasst. Außerdem berücksichtigt er auch andere Kunststoffe z. B. aus Elektroschrott und Altfahrzeuge. Es wird also eine breite Mischung abgedeckt. Und in manchen Ländern ist möglicherweise mehr als nur eine Organisation für die Handhabung von Kunststoffen zuständig. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es in Deutschland zum Beispiel zehn duale Systeme. Aber EPRO ist von Anfang an an diesen Bemühungen beteiligt, also schon seit ziemlich langer Zeit. Und EPRO spielt dabei auch eine wichtige Rolle, denn die EPRO-Mitglieder sammeln entweder direkt oder indirekt eine große Menge der Kunststoffe, die in Europa und jetzt auch in anderen Ländern gesammelt werden. Wir haben Mitglieder in den großen europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich, die für die Sammlung vieler Verpackungen zuständig sind. Wenn Sie sich die Mitglieder von EPRO aus dem Bereich der Landwirtschaft ansehen, werden Sie feststellen, dass alle größeren Organisationen für die Rücknahme von Kunststoffen vertreten sind, z. B. RIGK aus Deutschland oder A.D.I.VALOR aus Frankreich. Cleanfarms, jetzt auch in Kanada vertreten, ist einer der Hauptakteure in Nordamerika, wenn es um die Sammlung von Kunststoffen aus der landwirtschaftlichen Nutzung geht. EPRO sammelt so natürlich eine Vielzahl von Daten. Es ist auch erwähnenswert, dass ich in der Circular Plastics Alliance mitwirke und für EPRO Aufgaben in Bezug auf die Sammlung und die thematische Koordinierung von Sammlung, Sortierung und Verpackung übernehme. Wir haben auch aktive EPRO-Mitglieder in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft wie zum Beispiel RIGK. Außerdem sind wir an der Erstellung des sogenannten „State of Play“ beteiligt. Das ist ein Bericht, in dem die Sammlung und Sortierung der verschiedenen Kunststoff- und Abfallsorten in ganz Europa untersucht wird. So ist EPRO natürlich für den Verpackungsbericht verantwortlich und lässt das vorhandene Wissen auch in den Bericht über landwirtschaftlich genutzte Kunststoffe einfließen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass Statistik als wichtiger Leistungsindikator ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit ist. Immer mehr Menschen wünschen sich Statistiken und auch immer detailliertere Statistiken, je spezifischer die politischen Maßnahmen und Ziele werden. Anstatt also nur zu sehen, wie viel Kunststoff oder wie viele Verpackungen gesammelt werden, wird es heute immer wichtiger, die Daten nach Polymer- und Formattypen analysieren zu können. Das ist nicht nur ein Punkt, der EPRO betrifft, sondern lässt sich in ganz Europa beobachten - die Granularität von Daten ist etwas, das viele Länder derzeit suchen und woran verstärkt gearbeitet wird. Und ich denke, das ist etwas, das europaweit entwickelt werden muss, damit wir dabei helfen können, diese Schlüsselkennzahlen zu generieren, um zu sehen, wie wir bei unseren politischen Zielen vorankommen.
Die Ergebnisse des Berichts ziehen eine Linie zwischen der Vergangenheit, den aktuellen Entwicklungen und der Zukunft. Was sind aus Ihrer Sicht, beziehungsweise aus der Sicht von EPRO, die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Bericht? In Bezug auf die Erfüllung der Aufgaben, die einerseits durch die Gesetzgebung und andererseits durch die Industrie selbst vorgegeben sind.
Zunächst einmal denke ich, dass der Bericht zeigt, was EPR und die Politik dahinter in Europa bewirkt haben, nämlich ein wirklich starkes Wachstum des Kunststoffrecyclings in den letzten zwanzig Jahren. Zwischen dem Ausgangspunkt vor zwanzig Jahren und heute hat sich enorm viel getan. Aber natürlich stehen wir im Hinblick auf die Zukunft zwei Hauptproblemen gegenüber. Wir haben zum einen höhere Ziele. Ich meine, wenn wir uns erinnern – vor 2018 lag das Ziel für das Recycling von Kunststoffverpackungen bei 22,5 %. Jetzt haben wir ein Ziel von 50 % bis 2025 und 55 % bis 2030.
Hinzu kommt auch eine neue Messstelle. Und dies wird das erste Jahr sein, in dem die Mitgliedstaaten unter diesem neuen Maßstab Bericht erstatten müssen. Das betrifft die Daten für 2020. Ich gehe in Anbetracht dessen davon aus, dass die Recyclingquoten dadurch geringer ausfallen werden, da die neue Messstelle strengere Anforderungen an die Messmethodik stellt. Das zeigt, vor welcher Herausforderung wir in ganz Europa stehen, um einige der Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben.
Was die Frage betrifft, was wir tun müssen, so haben wir in den letzten fünf Jahren unter anderem festgestellt, dass es nicht die eine Antwort darauf gibt. Es gibt nicht die eine Sache, auf die man zeigen und sagen kann: Das müssen wir tun, um dieses Ziel zu erreichen.
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass alle Teile der Lieferkette zusammenarbeiten müssen, damit die Ziele erreicht werden können. Wir können dies also bis hin zu den Markeneigentümern der Verpackungen ausdehnen. Sie bringen die Verpackungen auf den Markt und sind somit entscheidend am Design für das Recycling dieser Verpackungen oder landwirtschaftlich genutzten Kunststoffartikel beteiligt. Diejenigen, die die Verpackungen auf den Markt bringen, müssen also auch eine Rolle spielen. Wir können die Organisationen mit dem Erreichen der Ziele betrauen, die die Kunststoffe auf nationaler Ebene sammeln. Auch sie haben ihre Rolle zu übernehmen. Um die niedrigeren Zielvorgaben zu erreichen, konnte man sich bisher aussuchen, welche Kunststoffe man sammeln wollte, um diese Ziele zu erreichen. Deshalb entschieden sich die Länder häufig für die Sorten, die am leichtesten und am wirtschaftlichsten zu recyceln waren. Nun, mit den neuen Zielvorgaben ist Schluss mit diesem Luxus und alle Kunststoffverpackungen müssen gesammelt werden, um diese Zielvorgaben zu erfüllen. Oder wir betrachten einmal die Sortierung in der Abfallwirtschaft. Auch hier haben wir eine breite Palette unterschiedlicher Qualitäten und Klassen, die in Europa sortiert werden, insbesondere bei Polyolefinen und gemischten Kunststoffen. Und ich denke, dass es hier zwei Dinge zu tun gibt, wenn wir uns die Sortierung ansehen. Zum einen müssen wir sicherstellen, dass wir so viel wie möglich von dem, was in die Sortierzentren kommt, zurückgewinnen. Zum anderen müssen wir uns auch auf die Qualität konzentrieren. Vor 20, 30 Jahren lag der Fokus nur darauf, mehr zu sammeln, weil immer klar war, dass es einen Markt für das Gesammelte geben würde. Aber auf der Ebene der Sammlung müssen wir heute auch auf die Nachfrage schauen. Wo kann dieser von uns produzierte recycelte Kunststoff eingesetzt werden? Insbesondere im Hinblick auf unser Ziel, die Ressourceneffizienz in Europa zu steigern und dieses Material in Europa zu halten, müssen wir die Nachfrage in Europa im Auge behalten! Vor diesem Hintergrund denke ich, dass die Standardisierung von Output-Klassen ein Thema ist, an dem gearbeitet werden muss und das häufig diskutiert wird. Die Qualität dieses Materials kann auch den Recyclingunternehmen zugeführt werden, damit die Qualität des recycelten Polymers der nachgelagerten Nachfrage entspricht. Und dann sind da natürlich noch das Recycling und die technologischen Entwicklungen in Bezug auf die Ausrüstung und die Qualität der Produktion. Miteinzubeziehen sind auch die Verwertungsunternehmen. Das alles fließt zurück zu den Markeneigentümern, die dieses recycelte Material nutzen, um die entsprechende Nachfrage zu schaffen. Das war jetzt eine sehr lange Antwort auf Ihre Frage! Was ich sagen will, ist, dass die komplette Lieferkette, die gesamte Kreislaufwirtschaft, betrachtet werden muss. Diese Erkenntnis war positiv. Und die Tatsache, dass es in Europa inzwischen viele polymerspezifische Plattformen für die Kreislaufwirtschaft gibt. Wie ich bereits erwähnt habe, ist EPRO im Bereich PCEP aktiv. Dann gibt es noch PETCORE für PET, SCS für Styrol und natürlich die Circular Plastics Alliance (CPA), und die ganze Lieferkette ist dort vertreten. Und ich denke, dass diese Foren, in denen alle zusammenkommen – vielleicht mit unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen – um sich hinzusetzen und zu versuchen, dieses Problem gemeinsam zu lösen, wirklich wichtig sind.
Anhand einiger Zahlen aus dem Bericht lässt sich ableiten, dass die Recyclingquoten um das 13-fache steigen, wenn das Material sortiert und gereinigt wird. Wenn wir die Quoten anheben, bräuchten wir dementsprechend wesentlich mehr Kapazitäten für technisches, chemisches oder anderes Recycling. Glauben Sie, dass die Industrie ein Kapazitätsproblem hat, wenn man bedenkt, dass wir die Abfallquote durch das Recycling von Kunststoffen erhöhen?
Sie sprechen hier ein wichtiges Thema an, denn wir haben Zielvorgaben für 2025 und erwarten verbindliche Zielvorgaben für den Recyclinganteil bis spätestens 2030. Und natürlich gibt es auch auf nationaler Ebene einige verbindliche Zielvorgaben, die davor in Kraft treten werden. Entweder verpflichtend, wie wir es in Spanien erwarten, obwohl die Gesetzgebung derzeit noch den Rechtsweg durchläuft. Oder in Form von Anreizen für die anderweitige Verwendung von Recyclingmaterial. Zum Beispiel durch die Modulation der EPR-Gebühren oder durch die Senkung der Steuern auf die Verwendung neuer Polymere in bestimmten Situationen. Im Vereinigten Königreich wurde jetzt eine Kunststoffsteuer auf Verpackungen eingeführt, ähnliche Steuern sollen 2023 in Spanien und Italien folgen. Andere Länder werden wahrscheinlich nachziehen. Diese Ziele für das Recycling oder die Verwendung von recyceltem Kunststoff sind nicht mehr weit entfernt, wenn man die Anforderungen an die Infrastruktur betrachtet, denn auch der Aufbau dieser Infrastruktur kostet Zeit. Wenn es um neuere Technologien geht, haben Sie das chemische Recycling erwähnt. Man kann aber auch andere Technologien wie die Auflösung oder Delamination betrachten, die alle eine Rolle bei der Erreichung dieser Ziele spielen werden. Aber es braucht Zeit, sie zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, deshalb müssen wir ziemlich schnell handeln. In Bezug auf die benötigte Infrastruktur geht es in die richtige Richtung. Die Infrastruktur für die Sortierung und das mechanische Recycling hat sich in den letzten drei oder vier Jahren erheblich verbessert, soviel können wir schon vor Ort sehen. Wir sehen auch, dass die Zahl der Exporte aus der EU rückläufig ist und dass mehr Material in der EU recycelt wird. Das ist natürlich eine gute Nachricht und es ist klar, dass auch die Kapazitäten weiter ausgebaut werden müssen, damit die Ziele letzten Endes eingehalten werden können. Aber welche Art von Kapazitäten genau brauchen wir voraussichtlich? Ich denke, es wird von einigen der Gesetze abhängen, die derzeit verabschiedet werden, wie diese Ziele festgelegt werden, zum Beispiel was den Recyclinganteil angeht, und auf welchem Niveau sie liegen werden. Denn das wird vorgeben, für welche Produkte der recycelte Kunststoff genutzt werden muss und welche Art von Recycling-Infrastruktur dafür erforderlich ist. Insbesondere, ob Ziele für kontaktsensible Verpackungsanwendungen für Lebensmittel und pharmazeutische Produkte kommen werden oder nicht. Es ist wahrscheinlich, dass wir in Zukunft einen Mix von Recyclingtechnologien brauchen werden, um die erwarteten politischen Ziele zu erreichen, sowohl um bestimmte komplexere Input-Abfallströme zu behandeln als auch um Anforderungen des Endmarktes zu erfüllen.
Vielen Dank, Herr Jefferson, das waren viele sehr interessante Informationen und Einblicke in die Aktivitäten von EPRO, einschließlich des jüngsten Circular Gap Reports und Ihrer persönlichen Tätigkeit innerhalb des Verbands
Es war uns eine große Freude, mit Ihnen zu sprechen und wir möchten uns ganz herzlich bei Ihnen bedanken.
Aus Sicht der RIGK können wir das positive Feedback zur Zusammenarbeit mit EPRO und Ihnen als deren Vertreter natürlich nur zurückgeben! Wir freuen uns auf viele weitere Jahre der guten Zusammenarbeit in der Zukunft!
EPRO
Mike Jefferson, Manager EPRO
mike.jefferson(at)epro-plasticsrecycling.org
RIGK GmbH
Jan Bauer, Geschäftsführer
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